Bilder, Gedichte, Berichte
Werk des Grauens
Auschwitz, ein Werk des Grauens.
Sich dorthin zu begeben, ein Akt des Trauens.
Ein Ort, an dem viele Menschen gestorben,
Noch lang nicht jeder geborgen.
Schuhe, ob klein, ob groß, ob Frau, ob Mann.
Ich weiß nicht, wie ich das ertragen kann.
Menschen, dort gelebt wie im Albtraum.
Wenn ich dort, mein Kopf ein leerer Raum.
Durchs dortige Geschehn
Würden sich heut noch nähren die Krähn.
Ich frag mich, wie Mensch kann das ertragen,
Beim Zeugenbericht immer noch so erhaben.
Auschwitz, ein Mahnmal des Schreckens für alle Zeit.
Belehrt, dass vorsichtig ihr seid.
All die Bilder, die ich da gesehn,
Sind für immer in meinm Kopf schrecklichstes Geschehn.
Ich dort,
An diesem schrecklichsten aller Ort.
Jonathan Gössel, 10c
Bericht über die Gedenkstättenfahrt vom 9. - 14.1.2023
Es ist ein seltsames Gefühl, über etwas zu schreiben, was einem noch immer surreal vorkommt. Mittlerweile ist es zwei Wochen her, dass wir – 20 Schülerinnen und Schüler aus Dippoldiswalde und Altenberg, Frau Frommhold und Herr Lies und zwei Mitarbeiterinnen der Aktion Zivilcourage e.V. – zurück sind von der Gedenkstättenfahrt aus Auschwitz und Krakau. Es fällt mir schwer, mich daran zu erinnern, an das, was wir dort gesehen haben, im Stammlager und in Auschwitz-Birkenau, und an das, was wir in den Workshops gelernt haben. Es waren erschreckende Bilder, anders kann man es kaum beschreiben.
Doch fangen wir von vorn an. Unsere Reise begann in Dresden, mit schweren Koffern und nervösen Gesichtern, und endete sechs Tage später am selben Ort. Das, was wir in den Tagen dazwischen erlebten, lässt sich schwer in solch einem Bericht zusammenfassen, doch ich werde mein Bestes geben und es versuchen.
Nach einer knapp neunstündigen Fahrt kamen wir in Oświęcim an, wir waren erschöpft und doch waren wir gespannt auf die Kennlernrunde, die uns in dieses Projekt einführen sollte. Schließlich waren sich die meisten untereinander fremd, man kannte sich kaum.
Doch es war der nächste Tag, der 10. Januar, an dem die Gedenkstättenfahrt eigentlich begann. Wir fuhren in das Stammlager von Auschwitz, wo uns schlammige Böden und Regenschirme erwarteten. Es war, als wechselten sich Nebel und Regen in diesen ersten Tagen in Polen ab, um uns auf unseren Führungen zu begleiten. Sie spiegelten unsere Stimmung wider, trüb, erschreckt, angespannt.
Das erste, was wir sahen, war das Schild mit der Inschrift “Arbeit macht frei”, das sich über uns beugte. Wir kannten es von Fotos, aber das war nicht das gleiche. Dann führte man uns durch die steinernen, noch bestehenden, Baracken. Bilder hingen an den Wänden, Bilder von Menschentransporten, Bilder von ausgemergelten Gesichtern, die mit versteinerten Blicken in die Kamera starrten. Sie sahen so müde aus. Wir sahen die “Schwarze Wand”, die Wand, an der man Häftlinge hinrichten ließ, davor ein Strauß aus Blumen, von denen der Regen perlte.
Einige von uns blieben mit ihren Blicken in den Ästen der Bäume hängen, die vor den Baracken standen. Sie schätzten das Alter und kamen zu dem Schluss, dass sie schon da gewesen sein mussten, als man die Menschen hier zwischen den Baracken umhertrieb und sie wie leblose Kreaturen behandelte. Niemand von uns kam mit dem Fakt klar, dass es hier passiert war. Hier zu unseren Füßen, genau an diesem Ort, an dem wir gerade standen. Wir sahen einen Berg aus Schuhen, die Zeit hatte sie alle braun gefärbt, sodass sie wie eine homogene Masse vor uns lagen. Einige von ihnen hatte man in Paaren vorn an den Rand platziert, manche waren nicht einmal so groß wie unsere Hände. Wir sahen Haare. Abgeschnittene Zöpfe. Dann waren da noch Koffer, auf deren lederner Oberfläche man Namen und Adressen geschrieben hatte. Einige von uns machten Fotos, andere versuchten, nicht zu genau hinzuschauen.
Am nächsten Tag fuhren wir in das zweite der Lager, nach Auschwitz-Birkenau, dem Vernichtungslager.
Auch hier versperrte uns eine Nebelwand die Sicht, sodass wir erst begriffen, wie riesig das Gelände war, als wir schon stundenlang unterwegs gewesen waren. In den meisten Fällen waren es nur noch die später aufgestellten Umrisse der Baracken, die man zu Gesicht bekam. In einigen standen in der Mitte noch die steinernen Schornsteine, die wie Mahnmale in die Höhe ragten.
In einer der Baracken des Stammlagers war ein ganzer Gang mit schwarz-weiß Fotos von Häftlingen behangen worden. Sie alle trugen die gestreifte Arbeitskleidung. Links die Männer mit ihren geschorenen Köpfen und den durchdringenden Blicken. Rechts die Frauen, manche von ihnen lächelten zaghaft in die Kamera. Unter ihren Portraits waren die Geburts- und Sterbedaten und das Datum ihrer Deportation nach Auschwitz gelistet. Manche von ihnen waren noch nicht einmal zwanzig Jahre alt. Keiner von ihnen überlebte.
In einem anderen Raum wurde ein riesiges Buch ausgestellt, oder besser ein Haufen riesiger Seiten, die senkrecht in einer Metallvorrichtung eingespannt waren, sodass man hindurchblättern konnte. 16.080 Seiten voller Namen von jenen, die man während der Shoa kaltblütig ermordete. Vier von sechs Millionen Namen jüdischer Opfer, die Vertreter der Gedenkstätte Yad Vashem zusammenstellen konnten.
Am folgenden Tag besuchten wir die wieder errichtete Synagoge in Oświęcim und erfuhren mehr zum jüdischen Leben der Gemeinde vor dem 2. Weltkrieg und dem Schicksal der Gemeindemitglieder.
Nach vier Tagen in Oświęcim folgten zwei, etwas heiterere und ausgelassenere Tage in Krakau. Wir trafen deutsche Erasmus-Studierende in der Universität Krakau, die uns über ihren Alltag und ihr Studentenleben berichteten und erkundeten die Stadt. Am Abend ließen wir den Tag mit einem Liederabend ausklingen.
Am Samstag, den 14. Januar, fand die Gedenkstättenfahrt in Dresden ihr Ende. Es war, als hätte sich nichts verändert, und doch hätte jeder von uns gesagt, dass nach dieser Woche einiges anders war. Die Fahrt und die langen, durchgeplanten Tage, gefüllt mit Führungen und Workshops aller Art, hatten unsere Sicht auf Auschwitz verändert, so viel war klar. Es fühlt sich anders an, jetzt über das Konzentrations- und Vernichtungslager zu reden, mit dem Wissen, dass man da gewesen war und es mit eigenen Augen gesehen hat, 78 Jahre nach der Befreiung. Ich denke, wir alle haben jetzt eine engere, emotionalere Verbindung zu diesem Ort und werden die Gedenkstättenfahrt noch lange in unserem Gedächtnis behalten.
Emelie Voigt, 12
An die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft
Ich stand im morgendlichen trüben Grau vorm Auschwitztor
Und kam mir hier so unglaublich schuldig vor…
Hab‘ ich eigentlich das Recht über dieses Grauen Gedichte zu schreiben, doch wo soll das
Grauen in mir sonst bleiben?
Ich laufe langsam über jenen großen, toten Platz,
Die Größe hier erdrückt mich fast.
Wie viel Schmerz kann man in eine Mauer klagen?
Wie viel Hass kann ein Stacheldrahtzaun tragen?
Durch meine Seele dringt ein tiefer Hilfeschrei!
Die gerad‘ und klar gelenkten Schienen bahnen Ihre Wege in perfider Präzision.
Ich mache Rast vor einem großen Eichenbaum, der musste auf all dieses Leid die ganze Zeit
herniederschauen. Auch er ließ all das Elend zu, mit einer Seelenruh, schritt nicht ein mit
seiner schweren Macht, was hat er sich dabei gedacht?
Oder war er vielleicht auch fast gelähmt vorm eignen Angesicht?
Und in mir tausend, unaussprechlich, nichtssagend, tote Worte.
Und in mir bohrt sich abermals die aberwitzge vorwurfsvolle Frage: Kann ich was dafür?
Und wozu ist das wichtig? Wofür?
Sind wir als Menschen nicht mehr als das? Können wir gemeinsam nicht bekämpfen unsren
jetzgen Hass? Ist nicht das einzge Maß welches zählt was wir tun und lassen auf dieser Welt?
Ganz sicher ist all dies KEIN Teil von mir!
Und so verlass‘ ich wieder jenen Ort
Die Sonne schiebt die Wolken vom jetzt strahlend blauen Himmel fort
Drum sag ich dir, dessen Blick auf dieses Schriftstück fällt:
Verkaufe deine Seele nicht für kein Geld der Welt!
Wehret dem Hass!
Wehret dem Neid!
Wehret dem Leid!
Kämpft für Menschlichkeit…
Lukas Polaczek, 10d
Die Gedenkstättenfahrt wurde durchgeführt in enger Zusammenarbeit mit der Aktion Zivilcourage e.V. und ermöglicht durch die finanzielle Unterstützung der IBB gemeinnützige GmbH Dortmund sowie dem Landesprogramm »Weltoffenes Sachsen für Demokratie und Toleranz« (WOS) des Freistaates Sachsen.