In der Strafkolonie – Ein Nachruf

Zwei Monate sind vergangen seit dem Moment, als der letzte Vorhang fiel, das Licht erlosch und der langanhaltende Applaus langsam verklang. Zwei Monate, in denen wir alle zurück in den Alltag gefunden haben – und doch bleibt etwas. Ein Echo. Ein Gefühl. Eine unausgesprochene Verbindung zwischen uns allen, die an diesem außergewöhnlichen Projekt beteiligt waren.

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Als ich Anfang November 2023 beschloss, ein weiteres Mal am „Glückauf“-Gymnasium Regie zu führen, war da zunächst eine große Ungewissheit. Wie nähert man sich einem Werk wie „In der Strafkolonie“ an? Wie bringt man einen Text auf die Bühne, der vordergründig abstrakt, düster und doch so gegenwärtig ist? Wie erzählt man eine Geschichte über unmenschliche Justiz, über Macht und Gehorsam, ohne sich in der Schwere dieser Themen zu verlieren? Ich fand diese Antworten in der Musik und vor allem in einem Ensemble, dass zum großen Teil schon bei „PAUL“ zusammengewachsen war – in unserer „Theatre Factory“.

Die Probenzeit war intensiv. Fast 40 Schüler und Schülerinnen, jeder mit einer Rolle, einer Aufgabe, einer Verantwortung. Es war ein Prozess voller Höhepunkte, Zweifel, voller Momente, in denen wir dachten: „Das schaffen wir nie.“ Aber auch voller Euphorie, wenn plötzlich eine Szene funktionierte, wenn Musik und Spiel zu einem Ganzen wurden, wenn wir merkten: Da entsteht etwas, das größer ist als wir selbst.

Unser Ausstattungsteam hat wahre Meisterleistungen vollbracht. Die einzigartigen Requisiten, die sie erschaffen haben, gab dem Stück eine zusätzliche Dimension. In stimmungsvollen, bedrohlichen und fesselnden Stimmungen

Ein besonderer Dank gilt Herrn Kramer, dessen fachliche und menschliche Unterstützung uns immer wieder motivierte und ermutigte. Außerdem Danke ich Philipp Lux vom Staatsschauspiel, der mich beim Schreibprozess, sowie der Inszenierung beriet und mir im Rahmen der BELL zur Seite stand.

Großer Dank gilt auch der Schulleitung und insbesondere den Hausmeistern für die Duldung der intensiven Probenzeit und tatkräftige Unterstützung in allen Belangen.

Auch der Förderverein unterstützte das Projekt in vielfacher Hinsicht. Zusätzliche Mittel kamen uns vom Staatsschauspiel Dresden Projekt X-Dörfer zu.

Und dann kam der Moment. Der erste Vorhang öffnete sich. Stille. Spannung. Und wir spielten. Mit allem, was wir hatten.

Das Publikum folgte uns durch die Strafkolonie – durch Angst, Unterdrückung, Widerstand. Man konnte die Anspannung im Saal spüren, das Nachdenken, das unbehagliche Gefühl, das Kafkas Werk so einzigartig macht. Und dann, am Ende: Applaus. Ein tosender Applaus, der nicht nur eine Anerkennung war, sondern auch ein Zeichen dafür, dass wir etwas berührt hatten, dass wir Fragen aufgeworfen hatten, die nicht so leicht zu beantworten sind

Die Strafkolonie bleibt ein Fragment, ein unvollendetes Gedankenspiel, das in den Köpfen weiterlebt. Und genau so wird auch dieses Projekt weiterleben – in uns, in den Erinnerungen, in den Spuren, die es hinterlassen hat.

Für alle, die das Stück verpasst haben oder noch einmal erleben möchten: Der Film zur Inszenierung sowie der eigens komponierte Soundtrack stehen zur Verfügung. Wer sich also noch einmal auf diese Reise begeben möchte, kann dies von nun an tun. Wir wünschen Ihnen viel Freude mit unserer Filmversion!

Die zahlreichen Spenden sind dem Förderverein für den Ausbau und die Förderung kultureller Veranstaltungen im Gymnasium zugegangen. Ein Teil wurde als Abschlussevent für das Ensemble bei einem Kinoabend im Rundkino verwendet, bei welchem der Inszenierungsmitschnitt gezeigt wurde.

Glückauf!

Lukas Polaczek im Namen des Ensembles

Link zum Album:   https://theatrefactory.bandcamp.com/album/in-der-strafkolonie

„Ich bin Anfang und Ende.“

Franz Kafka.